Holes in roles

Löcher in Rollen.... 
was bedeutet dieser spezifische Begriff aus der Pessotherapie? 

Es geht um Konstellationen in Familien oder anderen Systemen, wo eine tragende Person ihre natürliche Rolle nicht ausfüllt, sodass hinsichtlich dieser "Rolle" eine Lücke und ein Mangel entsteht, welche dann ein Familienmitglied, in aller Regel eines der Kinder, ausfüllt, obwohl das in keiner Weise zu dessen Alter und Entwicklungsstand passt. 

Beispiel: Die Mutter erleidet eine schwere Erkrankung und kann ihre versorgende und fürsorgliche Mutterrolle deshalb nicht ausfüllen. 
Unter den drei Kindern im Alter von 8, 11 und 15 ist das jüngste Mädchen vom Wesen her besonders empfindsam, anpassungsfreudig und sehr bemüht, 
alles richtig zu machen und niemandem zur Last zu fallen. Dieses Kind wird auf Grund seiner sensiblen Wesensart besonders stark die Not der Mutter erfahren. 

Die Mutter leidet neben ihrer Erkrankung besonders darunter, nicht für ihre Kinder da sein zu können und ihre mütterlichen Aufgaben nicht erfüllen zu können.
Im Herzen der Achtjährigen wächst in dieser auswegslos scheinenden Situation ein Drang, der Mutter zur Seite zu stehen und sie von ihrer Belastung zu befreien.  DIeser Drang führt dazu, dass das Kind eigenständig Aufgaben aus dem Haushalt übernehmen wird, dass es versuchen wird, selbst überhaupt keine Belastung zu sein und alles bestens zu erledigen und damit die Mutter ein Stück weit zu ersetzen. 
Die inneren Antennen des Kindes richten sich in dieser Lebensphase immer mehr auf die Wahrnehmung und Erfüllung der Bedürfnisse des Mutter und die Notwendigkeiten innerhalb der Familie, als auf seine eigenen altersgemäßen Bedürfnisse. Schon eine relativ kurze Zeitspanne in dieser Konstellation kann ausreichen, um das Kind nachhaltig, sprich für das ganzen Leben zu prägen. Letztlich bleiben dann die Reifung der eigenen autonomen Persönlichkeit und das Erlernen der eigenen Bedürfnisbefriedigung deutlich hinter der Fähigkeit zurück, sich für andere Menschen aufzuopfern. Diese Persönlichkeitsstruktur und zu frühe Selbständigkeit begünstigt die Entwicklung von Störungen. Ein Mangel an Ichgefühl, Depressionen, Essstörungen, psychosomatische Erkrankungen wie auch das vollbild der überangepassten Persönlichkeit, die kaum noch eigene Bedürfnisse spürt und übermäßig abhängig ist von Anerkennung durch Andere können die Folge sein. 

Wie geht nun die Pessotherapie damit um? 

In der Pessotherapie werden die bschriebenen Zusammenhänge sanft erlebt, und es wird eine neue, heilsame Erfahrung initiiert. Damit wird erfahrbar, wie es sich jetzt und heute anfühlt, wenn das Kind damals nicht in die Rolle der Helferin geschlüpft wäre, weil zum Beispiel eine Person in die Familie gekommen wäre, die sich um den Haushalt und um die Bedürfnisse der Mutter gekümmert hätte, so dass das Kind nie in die Helferinnenrolle hätte schlüpfen müssen. Diese Erfahrung wird mit einem sogenannten "Film" übermittelt, den die Therapeutin in Absprache mit der Klientin kreiert. Im Erleben dieses "Films" (einer kleinen gespielten Szene) erfährt die Klientin, wie entlastend es sich anfühlt, wenn damals diese Helferin in der Familie gewesen wäre. Es kommt dann oft zu einem tiefen Ausatmen, zum Lösen der angespannten Schultern, zu einer Weitung des Brustkorbs, verbunden mit dem Gefühl.... "dann hätte ich viel mehr bei mir sein können, dann hätte ich einfach Kind sein und spielen können und nicht die Last der Familie tragen müssen."

Diese Erfahrung wird, wie es in der Pessotherapie der Fall ist, tief aufgenommen, auch wenn sie keinen biografisch realen Hintergrund hat und verändert das Selbstbild und Selbstkonzept. 
Damit wird es in der Zukunft möglich, wieder eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und sich mehr um sich selbst zu kümmern. Diese geheilte Erfahrung ist der Anfang vom Ende, "Holes in Roles"  (Löcher im Rollengefüge)zu stopfen.