PHILOSOPHIE

Ich und Du

Ich gehe davon aus, dass jeder Mensch die Möglichkeit zu einem gesunden Leben im Sinne seiner persönlichen Anlagen in sich trägt. Diese Anlagen brauchen eine passende Antwort durch die nächsten Bezugspersonen und die Umwelt, um sich optimal entwickeln zu können.Das bedeutet zum Beispiel, dass ein Kind Liebe erfahren muss, um sich selbst und andere lieben zu können. Dass es Wertschätzung erfahren muss, um Selbstwert und Achtung vor anderen zu entwickeln. Dass es Grenzen erfahren muss, um selbst Grenzen setzen zu können und die Grenzen anderer Menschen zu achten.

Wer bin ich?

Wenn die  Anlagen  eines Menschen auf Grund seiner Lebensgeschichte, der Erziehungseinflüsse oder gesellschaftlicher Strömungen nicht ausreichend unterstützt werden, kann es geschehen, dass der Mensch sich über das gesunde Maß hinaus an die Anforderungen der Umwelt anpasst, um auf diesem Weg Anerkennung und Zuwendung zu erfahren. Dadurch entfremdet er sich von seinem ursprünglichen Wesen und erlebt, dass sein persönlicher Wert von seinen (Anpassungs-)Leistungen abhängig ist. Sobald die Anpassungsprozesse nicht funktionieren, das Umfeld nicht "mitspielt"  oder die Leistungen abfallen, bleibt die Anerkennung aus und das Selbstwertgefühl leidet darunter. Selbstentfremdung und mangelndes Selbstwertgefühl sind die Folge und grundlegend für eine Vielzahl von psychischen Störungen. Es sind immer zahlreiche Faktoren, die letzten Endes zu einem Störungsbild führen. Dabei spielen die eigenen Anlagen, die Psyche, die Familie und gesellschaftliche Einflüsse eine Rolle.
Eine Essstörung ist einer der Irrwege, um Grundbedürfnisse scheinbar zu befriedigen, die auf natürliche Art nicht erfüllt wurden.
In diesem Zusammenhang kommt der Therapie eine wesentliche Bedeutung zu: Sie soll den Menschen, der sich selbst verloren hat, wieder in Kontakt mit sich bringen und mit seinen authentischen Ressourcen verbinden.

Werde, der du bist!

Es geht also in der Therapie nicht nur darum, sich ein Fehlverhalten abzugewöhnen. Es geht darüber hinaus darum, zu entdecken, was der Mensch braucht, um der zu werden, der er eigentlich, ohne es zu leben, schon immer war.
Die Aufgabe des Therapeuten besteht unter anderem darin, diesen Prozess der Selbstfindung anzuleiten und zu unterstützen und der eigentlichen Persönlichkeit des Klienten, die sich oft stark von der Essstörungspersönlichkeit unterscheidet, annehmende Wertschätzung und liebevolle Unterstützung entgegenzubringen.
Wenn der Mensch unter anderem über die heilende therapeutische Beziehung zu sich selbst findet und mit Hilfe der Therapie in die Lage kommt, seine Bedürfnisse wahrzunehmen und im Einklang mit der Umgebung zu erfüllen, braucht er das Störungsverhalten oder auch die Essstörung nicht mehr als Ersatzbefriedigung.