Julia F. / 23 Jahre

“Kalorien zählen, wiegen, Sport & Abführmittel....“
....diese und viele weitere essgestörten Gedanken und –Rituale bestimmten jahrelang meinen Alltag!

Schon vor langer Zeit, ich war gerade erst 14 Jahre alt, begann mein Weg in die Essstörung.
Zuerst war es nur eine harmlose Diät, doch es blieb nicht bei dieser einen.....
Ab diesem Zeitpunkt wurde jeder Bissen kontrolliert, in Kalorienzahl berechnet und mit Sportmaßnahmen oder darauffolgendes hungern wieder wett-gemacht.
Von Jahr zu Jahr trieb ich mich in einen immer tieferen Teufelskreis, den ich als solchen gar nicht erkannte.
Zum Höhepunkt meiner “Essstörungs-Karriere“ aß ich kaum mehr, manchmal nur 1 x mal am Tag, trieb exzessiv Sport und nahm in Hohen Dosen Abführmittel.
Der Gang zur Waage stand täglich auf dem Programm.
Alles drehte sich nur noch ums Essen. Ich fühlte mich in meiner eigenen Welt stark und sicher, ließ niemanden mehr an mich ran.
...meine Familie und all meine Freunde wussten von meinem “Ess-Splin“, doch liebgemeinte Ratschläge mir professionell helfen zu lassen nahm ich gleich als Kritik auf und blockte vollkommen ab. Denn für mich war meine “Welt“ ok, für mich war ein Leben mit diesen essgestörten Gedanken und Handlungen normal.
Ich redete mir zu: .....so schlimm ist das nicht mit dir, andere Frauen achten auch auf ihr Gewicht und machen Diäten...

Doch irgend wann begriff ich, dass es nicht mehr so weiter gehen kann und ich professionelle Hilfe benötige. Bei dieser Erkenntnis befand ich mich an dem tiefsten Punkt meines jungen Lebens.

gescheiterte Beziehung – gescheiterter Job
ein isoliertes Leben in dem ich nur noch funktionierte, für meine Familie, für andere und für meine Essstörung

Ich werde es niemals vergessen: Am 14.02.2006 (Valentins-Tag !) begann meine erste Therapie-Sitzung --- der erste Schritt in mein neues Leben !
Es waren kleine Schritte, doch jeder einzelne war ein Schritt mehr zum Ziel.
Ich lernte wieder regelmäßig zu essen, Genuss zu spüren...
Durch die Therapie / Gespräche wurde mir bewusst, welche Ursachen meine Flucht in die Essstörung hatte, und wie ich dagegen ankämpfen konnte. Mein essgestörtes Denken/Verhaltenweisen abzulegen, zu erkennen welch ein Scheinbild sich in all den Jahren aufgebaut und mich umzingelt hatte.
Ich musste lernen mich selbst wieder zu spüren, Nähe aufzubauen & zuzulassen....
Strategien zu festigen, um meinen Alltag ohne essgestörte Gedanken zu gestalten, damit ich wieder am wirklichen Leben teilnehmen konnte und mich an diesem erfreuen konnte.

....es ist nun fast ein Jahr vergangen, es war ein sehr schwerer und anstrengender Weg bis zum Ziel, doch jede einzelne Bemühung war es wert.
Heute lebe ich in einer glücklichen Beziehung, habe einen tollen neuen Job und genieße mein Leben in “Freiheit“.
Ab und zu gibt es einen Moment, der mich noch ins Wanken bringt, doch ich weiß. Dass ich auch diese Hürde nehme, ich bin stark und “ich“ genug um dies zu schaffen.

Ich danke meinem Schicksal, dass ich das Glück hatte, diese Therapie zu machen, ich die Möglichkeit bekam, dass mir eine Therapeutin den rechten Weg zeigte, mich selbst zu finden und zu lieben.
Es ist schlimm, wenn ich daran denke, was ich all die Jahre an Freude, Genuss und Schönem im Leben verpasst habe, aber umso schöner ist der Gedanke daran, was jetzt noch alles auf mich zu kommt.

Vielen lieben Dank Andrea Petruschke