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Vortrag über Essstörungen

Sehr geehrte Frau Petruschke,

vor einigen Wochen habe ich Ihren Vortrag über Essstörungen im PULZ besucht, und das beschäftigt mich seitdem intensiv. Leider musste ich den Vortrag vor Ende verlassen, vielleicht erinnern Sie sich noch?

Ich selbst bin auch essgestört. Ich bin jetzt 18 Jahre alt und leide seit meinem 15. Lebensjahr an Magersucht. Ich empfinde sowohl Liebe als auch Hass für diese Krankheit. Doch noch viel schlimmer ist die Angst, nie wieder gesund zu werden. Es scheint, als könne man, einmal in dieser Hölle, nie wieder anders glücklich leben. Ebenso dachte ich immer, dass mich niemand verstehen könnte, dass niemand dasselbe fühlt.

Vortrag über Essstörungen

Ihr Vortrag – zum ersten Mal hat mich etwas wirklich erreicht

Und dann war da plötzlich Ihr Vortrag. Zum ersten Mal hat mich etwas wirklich erreicht. Was Sie gesagt haben, ist zu mir durchgedrungen. Ich weiß nicht genau, warum, aber es war erleichternd, aber auch beängstigend. Ich bedauere es jetzt sehr, den Vortrag etwas zu früh verlassen zu haben. Es wurde mir alles auf einmal zu viel, dabei hätte ich gerne im Anschluss persönlich mit Ihnen gesprochen.

Mit diesem Brief möchte ich Ihnen sagen, wie außerordentlich gut ich Ihren Vortrag fand. Ich bewundere Sie dafür, dass Sie selbst einmal essgestört waren und nun anderen helfen können. Das gibt mir Hoffnung, dass auch ich eines Tages ein Leben nach der Krankheit haben kann und wieder glücklich sein kann. Ich glaube, den ersten Schritt dazu habe ich bereits getan.

Therapie auf Essstörungen spezialisiert

Glücklich leben ohne Magersucht

Seit 8 Wochen bin ich in der Klinik, was mir wirklich nicht leichtgefallen ist. Nachdem ich bemerkt habe, dass mir in meinem Leben nichts mehr geblieben ist und dass ich in der Schule gar nichts mehr schaffe, bin ich dem Wunsch meiner Freundin nachgegangen und habe mich zum Arzt begeben. Dieser hat mich in eine Klinik eingewiesen. Hier lerne ich wieder regelmäßig zu essen und zu trinken, und ich merke, wie ich mich körperlich viel besser fühle. Trotzdem ist es ein täglicher Kampf mit mir selbst. Aber ich will wieder leben, und deshalb gebe ich mir unendlich Mühe. Ich habe bereits 7 kg zugenommen, mein Gewicht ist jetzt wieder normal, und ich versuche, es zu halten. Ich möchte unbedingt, dass meine Gedanken sich mit anderen Dingen als Kalorien beschäftigen und dass meine Gedichte einen schöneren Inhalt bekommen. Das ist leider nicht so einfach. Immer wieder bin ich am Verzweifeln und kurz davor aufzugeben, weil ich glaube, dass ich sowieso nie wieder anders und glücklich leben kann, ohne Magersucht. Aber gleichzeitig ist es das, was mir Ihr Vortrag klargemacht hat: Es ist die Krankheit, die einem das einredet, und natürlich gibt es ein Leben ohne und nach der Magersucht. Ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich den Mut hatte, Ihren Vortrag anzuhören.

Ich hoffe, es ist in Ordnung für Sie, dass ich Ihnen diesen Brief schreibe.
Es würde mich freuen, wenn Sie mir antworten würden, falls Sie möchten.

Liebe Grüße,
Sonja Müller (Name geändert)

Therapie und Beratung für Menschen mit Essstörungen und Angehörige
Therapie und Beratung für Menschen mit Essstörungen und Angehörige