Der ewige Kreislauf

Schon als ich ein kleines Mädchen war, aß ich immer gern und viel. Dick war ich deshalb aber nie. Doch dick gefühlt habe ich mich schon immer.

Als ich in die Pubertät kam, was sehr früh geschah, fühlte ich mich in meinem Körper total unwohl. Ständig betrachtete ich meine Figur, mein Gesicht und gefiel mir nicht. Ich war mit mir und meinem Leben total unzufrieden.

Irgendwann kam ich zu dem Entschluss: Ich muss abnehmen!!!

Ich dachte, wenn ich erst mal dünn bin, dann lösen sich auch all meine anderen Probleme. Obwohl ich vollschlank war und keiner mich zu dick fand, außer ich selbst, zwang ich mich dazu, abzunehmen.

Zuerst versuchte ich Mahlzeiten auszulassen oder stark zu reduzieren. Das Ergebnis davon war, dass ich Heißhungerattacken bekam, meist abends, so dass ich total überfüllt und mies gelaunt ins Bett fiel. Dann konnte ich meist lange Zeit nicht einschlafen, da ich so überfüllt war, aber vor allem weil ich mir enorme Vorwürfe machte, mich selber total fertig machte.

Irgendwann legte ich mir ein Pointssystem von Weight Watchers zu. Nun aß ich nach Points. Dies hatte zur Folge, dass ich alles nachkontrollierte, was ich aß und mir ständig Dinge verbot, auf die ich Lust hatte, da sie „zu viele“ Points hatten. Das ging eine Zeit so weiter. Immer wieder bekam ich Heißhungerattacken. Schließlich gab ich das Pointesystem auf und befand mich nun schon längst in dem sogenannten Teufelskreis einer Essstörung. Mein Essverhalten war vollkommen gestört und psychisch ging es mir miserabel. Die meiste Zeit musste ich an Essen, Kalorien... denken. Außerdem hatte ich kein Gramm abgenommen. Im Gegenteil, ich hatte eher zugenommen. Mit den Nerven war ich total am Ende. Ich war total fertig und verzweifelt.

Dann, im Sommerurlaub 2007, hatte ich plötzlich eine neue Motivation, zum Abnehmen. Woher die kam, wusste ich nicht. Ich wusste nur: Ich will nicht mehr so dick sein!!! In diesem Urlaub schaffte ich es, so nannte ich es, weniger zu essen und Hunger auszuhalten, ohne Heißhungerattacken. Es war alles andere als einfach, aber irgendwie funktionierte es.

Als wir wieder zu Hause waren, hatte ich bereits 3kg abgenommen. Endlich hatte ich ein erstes Erfolgserlebnis, auf das ich so lange gewartet hatte. Ebenso wuchs die Motivation.

Als das neue Schuljahr begann, führte ich das Hungern weiter, nahm immer mehr und mehr ab. Ich bemerkte mit der Zeit, dass meine Haare dünner wurden, zum Teil sogar ausfielen. Auf den Winter hin fror ich wie verrückt, ununterbrochen und nichts konnte mich wärmen. Auch meine Periode fiel aus und körperlich war ich kraftlos. Doch all das hinderte mich nicht daran, weiter abzunehmen. Auch in der Schule wurde ich auf meine Gewichtsabnahme von Mitschülern angesprochen, was mich sehr stolz machte.

Als ich irgendwann nur noch 44,9kg wog, von meinen ursprünglich 59kg, bekam ich eines Tages plötzlich erneut eine Heißhungerattacke. Da mein Magen das viele Essen überhaupt nicht mehr gewöhnt war, ging es mir hinterher total miserabel. Ich war so voll und mein Kopf drehte sich. Ich war vollkommen am Ende und wusste überhaupt nicht mehr, was ich machen sollte. So schlecht ging es mit noch nie.

Mit Tränen in den Augen beschloss ich, meiner Mama einen Brief zu schreiben, in dem ich all das, was ich fühlte und dachte festhielt. Meine Mama und ich hatten immer ein gutes Verhältnis. Als sie den Brief gelesen hatte und mich darauf ansprach, war sie sehr geschockt. Wir sprachen ausführlich über mein Problem, das mein Leben beherrschte.

Dann beschloss ich auf meinen Wunsch hin, eine Therapie zu machen. Meine Mama versprach mir, mich zu unterstützen. Auch mein Vater erfuhr von all dem und auch er unterstützte mich.

Im Januar 2008 begann ich die Therapie bei Andrea Petruschke. Ich war und bin noch heute meinen Eltern sehr dankbar, dass sie mir die Therapiestunden bezahlten/bezahlen. Da es um viel Geld ging, das wir nicht gerade üppig haben, beschloss ich mir viel Mühe zu geben und jede einzelne Stunde bei Andrea Petruschke voll zu nutzen, was ich auch tat.

Mit der Zeit nahm ich einige Kilos zu und lernte ein normales Essverhalten zu entwickeln und vor allem zu erkennen, wann und was ich und mein Körper brauchen. In den Stunden erzählte ich sehr viel und erkannte mit Hilfe von Andrea Petruschke die ganzen Gründe, die zu meiner Essstörung geführt hatten.

Es gab zwar immer wieder Situationen, in denen ich die ein oder andere Heißhungerattacke bekam. Auch gab es Situationen, in denen ich an Kalorien sparte. Doch jetzt wusste ich, dass es falsch war und führte es am nächsten Tag nicht fort, sondern hielt mich an die festen Mahlzeiten.

Noch heute fällt es mir manchmal schwer, mein Essverhalten zu kontrollieren, aber nun beherrsche ich es und es beherrscht nicht mehr mein Leben. Schließlich habe ich in der Therapie gelernt, in „gefährlichen“ Situationen mit dem Essen umzugehen. Besser gesagt, andere Lösungen als das Essen zu finden.

Die Therapie hat mir wirklich sehr geholfen und einen neuen Lebensabschnitt ermöglicht. Ich kann mein Leben wieder mehr genießen, unternehme mehr, und bin wieder glücklicher. Mittlerweile weiß ich welchen Weg ich gehen will: Den Weg nach vorne!!!!

L.